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31 Mrz

Aston Martin V12 Vantage S ─ Spass muss sein

Mit einem Geniestreich hat Aston Martin das Karriere-Ende ihres schnellsten Sportwagens zu dessen Höhepunkt erkoren und ihn zugleich einzigartig gemacht. Vorhang auf für den letzten handgeschalteten V12-Zylinder der Welt. Eindrucksvoll beweist Aston Martin, dass Genialität oft in einfachen Lösungen steckt und ohne Leidenschaft weder möglich, noch mit Rationalität messbar ist. Streng genommen durch technisches Rückrüsten vom automatisierten Schaltgetriebe zum handgeschalteten 7-Gang-Getriebe haben die Briten ihren 573 PS starken Aston Martin V12 Vantage S zu einem Sportwagen gekrönt, der weltweit seines Gleichens sucht. In Zeiten des Downsizing und der Digitalisierung, die selbst Sportwagenikonen zu blassen Computern auf Rädern mit austauschbarem Lifestyle-Charakter machen, setzt Aston Martin auf das radikale Gegenteil: weniger Technik für mehr Fahrspass, mehr Emotionen und mehr Sportwagen. Der bärenstarke Sechsliter-Zwölfzylinder im V12 Vantage S ist ein reinrassiger Saugmotor. Seine volle Leistung feuert er ohne Aufputschmittel wie Turbo, Kompressor oder Hybrid-Technologie aus den Brennräumen. Erst bei 6750 U/min fällt die maximale PS-Zahl über seine breiten Hinterräder her. Bis dahin steigt die Motorleistung linear an, entfaltet sich berechenbarer als der beste Freund. Als Frontmittelmotor-Sportwagen mit Transaxle-Bauweise kuschelt sein blitzschnell hochdrehender V12 bestmöglich zwischen Vorderachse und Fahrer, während das Getriebe mit der Hinterachse schmust. Die Gewichtsverteilung auf Vorder- und Hinterwagen gelingt dadurch fast ausgeglichen. Erleben statt messen Für Zahlenmenschen, die Wert auf maximale, unter Laborbedingungen ermittelte Beschleunigung legen, ist der handgeschaltete V12 Vantage S das falsche Auto. Denn logischerweise würde er den Sprint von null auf 100 km/h mit dem automatisierten Schaltgetriebe Sportshift III einen Wimpernschlag schneller schaffen. Aber mal ehrlich: „Who cares“? Maximal schnelle Rundenzeiten sind nicht die Mission dieses extrovertierten Gentleman mit Hinterradantrieb, breiten Schultern und orangenen Partystreifen, sondern ungefilterte Kraft und das volle Engagement des Piloten. Faszinierend an diesem Sportwagen ist, was der Fahrer draus macht, denn er muss alles Wichtige selber in die Hand nehmen, besonders wenn er viel Sport wagen will. Elektronische Fahrhelfer führen hier ein Schattendasein, was den Vorteil bietet, der schönsten Momente des Autofahrens nicht beraubt zu werden. Sobald man den V12 zum Tanz auffordert, spürt, dass man ihm allein gegenüber sitzt, wirken Daten auf Blättern ohnehin wie postpubertärer Firlefanz, für den man keine Zeit hat. Eine abschaltbare Traktionskontrolle verhindert das Durchdrehen der Hinterräder, ein ABS hilft beim Dosieren der Hochleistungsbremsanlage. Ein dreifach verstellbares adaptives Dämpfungssystem übernimmt das Federn und den Kraftschluss eine riesige Kupplung. Für die Gangwechsel mit Hand- und Fuss gibt es ein Dog-leg-Getriebe. Das ordnet den ersten Gang unten links und die anderen sechs Vorwärtsgänge in einem doppelten H-Schema nebeneinander an. Warum? Den ersten Gang braucht man nur zum Anfahren. Die Elastizität der anderen Gänge scheint unendlich und macht Selberschalten zur schönsten Nebensache der Welt. Kultivierte Aggression Ohne geringste Verzögerungen setzt der Vantage Gasstösse in Vorwärtsbewegung um. Eine sanfte Berührung des Pedals reicht und er bellt los, erhebt seine Stimme bedrohlich fauchend mit kehligem Grollen, bis er ab 3000 U/min schliesslich zu schreien anfängt. Im dritten Gang schwarze Striche über den Asphalt ziehen passiert schon mal. Kultivierte Aggression könnte man das nennen. Die Klangkulisse ist Lyrik und Drama, eines reinrassigen Rennmotors jederzeit würdig. Mit Hochdruck schiesst der V12-Sound unter dem Auto hinweg zu den unterarmdicken Endrohren, röhrt sich durch das luxuriöse Interieur […]